Erst seit ich selber schwanger war und Mama bin, beschäftige ich mich mit dem Beckenboden. Ich hatte davor zwar schon mal was davon gehört, aber so richtig was damit anfangen konnte ich nicht. Warum auch? Ich hatte ja keine offensichtlichen Probleme damit. Im Fitnessstudio hatte mich auch nie jemand nach meinem Beckenboden gefragt, geschweige denn Übungen in meinen Trainingsplan integriert. Warum eigentlich? Es sind doch Muskeln und wie ich heute weiß, sogar sehr wichtige – nicht nur für Frauen, auch für Männer. Und diese sollten wir ein Leben lang trainieren. Wieso, weshalb und warum erkläre ich in diesem Artikel.
Was ist der Beckenboden? Und wo finde ich den?
Der Beckenboden ist ein komplexes Geflecht aus Muskeln und Bindegewebe. Er bildet, wie der Name es verrät, den Boden des Beckens, das heißt, er schließt unseren Körper nach unten hin ab. Man kann sich das Geflecht als zweihändegroße Schale vorstellen, die zwischen dem Schambein, dem Steißbein und den beiden Sitzbeinhöckern aufgehängt ist. Vereinfacht spricht man von drei Schichten des Beckenbodens (innere, mittlere und äußere Schicht) die verschiedene Hauptaufgaben haben.
Wofür brauche ich den Beckenboden?
Als Mutter oder Vater brauchst du einen gesunden Beckenboden um mit deinen Kindern lachen und toben zu können. Dabei sollst Du frei sein und Spaß haben beim Spielen und nicht ständig daran denken, dass mal was daneben gehen kann. Des weiteren musst Du deine Kinder tragen können wenn es nötig ist, ohne Rückenschmerzen und einen fiesen Druck nach unten zu spüren. Du musst Selbstbewusstsein ausstrahlen durch deine aufrechte Haltung, damit deine Kinder sich das bei dir abgucken können. Willst du weiterhin ein erfülltes Sexualleben haben, brauchst du einen funktionierenden Beckenboden.
Um all diesen Aufgaben gerecht zu werden, muss der Beckenboden sowohl kräftig als auch elastisch sein. Mir gefällt dabei die Vorstellung eines Trampolins – er muss in gewissen Situationen nachgeben, aber gleichzeitig stabil genug sein, damit man da nicht hindurch fällt.
Welche Aufgaben erfüllt der Beckenboden im Detail?
Durch anspannen und entspannen unterstütz die Beckenbodenmuskulatur die Schließmuskeln der Harnröhre und des Afters. Bei der Geburt muss sich alles weit öffnen und den Weg frei machen. Der Beckenboden gibt den inneren Bauch- und Beckenorganen halt und trägt einen wichtigen Teil zur aufrechten Haltung bei. Er hält dem inneren Druck stand beim Niesen, Husten, Lachen, schwer Heben und Tragen oder auch Pressen.
Du kannst es Dir auch mit deinen Händen, denn so groß ist der Beckenboden in etwa, verdeutlichen: drehe die Handinnenflächen nach oben und forme mit den Händen eine Schale. Nun lass Wasser einlaufen. Solange Du die Hände „angespannt“ zusammen hältst, bleibt das Wasser drin. Sobald die Hände entspannen, fließt das Wasser hindurch
Was kann denn passieren wenn ich nicht trainiere?
Jede Menge! Es muss nicht, aber es kann und dann ist die Not groß!
Inkontinenz ist die bekannteste und womöglich auch verbreitetste Form eines schwachen Beckenbodens. Das trifft häufig Frauen, die Kinder zur Welt gebracht haben, egal, ob per Kaiserschnitt oder auf natürlichem Wege. Oft passiert es bereits während der späten Schwangerschaft, dass beim Lachen, Husten oder Niesen ein paar Tröpfchen im Slip landen.
Wird die Muskulatur in dem Bereich noch schwächer, kann es sogar zu einem Vorfall der inneren Organe, wie Harnröhre oder –blase, Gebärmutter und Darm, kommen. Dann nützen auch keine Einlagen mehr…
Ich hatte sehr oft Rückenschmerzen und zwar vorwiegend im unteren Lendenwirbelbereich. Ich bin erst spät darauf gekommen, dass es mit dem Beckenboden zusammenhängen kann. Denn die Beckenbodenmuskulatur arbeitet sehr eng mit der Rücken-, Bauch- und Atemmuskulatur (Zwerchfell) zusammen. Ist eine dieser Muskelgruppen in ihrer Funktionalität eingeschränkt, gerät alles aus dem Gleichgewicht und verursacht früher oder später Schmerzen.
Anzeichen einer Beckenbodenschwäche können sein Urinverlust, Druckgefühl im Unterbauch, das Gefühl einen Fremdkörper in der Scheide zu haben, Rückenschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
Damit es gar nicht so weit kommt, ist entsprechendes Training recht sinnvoll.
Wann ist ein gezieltes Beckenbodentraining sinnvoll?
Immer! Spätestens jedoch wenn die ersten Beschwerden auftreten oder man als Frau einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hält. Durch gezieltes Beckenbodentraining bereits in der frühen Schwangerschaft, kann man Beschwerden in der späten Schwangerschaft sowie nach der Geburt vorbeugen. Hätte mir das irgendwer vorher erzählt, wäre meine zweite Schwangerschaft etwas schöner, da beschwerdefrei verlaufen.
Nach der Geburt sollte jede Frau einen Rückbildungskurs besuchen, wobei das Training 1 Mal pro Woche nicht ausreicht. Zu Hause müssen die Übungen wiederholt werden und das nicht nur bis Kursende. Die Schwangerschaft hatte über 40 Wochen lang unseren Körper verändert und braucht in etwa die gleiche Zeit um alles wieder nahezu Rückgängig zu machen. Denn nicht umsonst heißt es im Volksmund: „9 Monate kommt´s, 9 Monate geht´s!“.
Des Weiteren ist ein Training beispielsweise bei Übergewicht, Haltungsschwäche sowie später in den Wechseljahren sehr empfehlenswert. Ein sehr schöner Nebeneffekt des Trainings ist wieder Lust auf und mehr Spaß beim Sex. Und das hält die Partnerschaft fit 😉
Starke Frauen haben einen starken Beckenboden. Tu Dir was Gutes und bleib dran!